Einfach mal Löcher in die Luft starren? Die Zeit muss sein...

Stille

„Und dann muss man auch noch Zeit haben,
einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.“

Dieser Spruch ist von Astrid Lindgren und steht an meinem Arbeitsplatz, so dass ich ihn immer sehe, wenn ich am Laptop sitze. Dann sage ich mir, Antonia, mach es doch auch mal. Aber entweder arbeite ich, spiele am Computer (was für eine Sucht!), höre Radio, schaue Fernsehen oder mache irgendetwas, nur eben nicht mir Zeit nehmen, um Löcher in die Luft zu starren. (Natürlich in Verbindung mit Gedanken.)

Früher war ich immer nur unterwegs. Meine Eltern hatten nur den Spruch drauf, Antonia, du bist nie zu Hause. Immer bist du weg. Bleib doch mal hier. Nö, ich brauchte action. Immer auf Derby, wie es früher so schön hieß.

Einfach mal Löcher in die Luft starren? Die Zeit muss sein...
Einfach mal Löcher in die Luft starren? Die Zeit muss sein…

Gestern nun war Karfreitag.
Mein Schatz geht dann immer um halb drei in die Kirche. Hier in Hamburg gibt es einen Organisten, der um die Zeit auf der Orgel  immer improvisiert und um drei kommt der „Schrei“. Jesu Todesstunde. (Einmal war ich mit. Jetzt lasse ich ihn allein gehen. Es war mir einfach zu depressiv.) Er möchte in dem Moment zu sich kommen. In seiner Ruhe sein. (Konnte ich nie verstehen.)

Ich habe also gestern ferngesehen. Einen sehr einfühlsamen Film. Es ging um eine Dreiecksgeschichte. (Wie fast immer eigentlich.) Aber die Schauspieler haben so intensiv gespielt, dass ich nach dem Film nur meine Ruhe wollte. Ich konnte nicht raus gehen (was ich bei dem schönen Wetter vorhatte), sondern saß nur auf dem Sofa und schaute aus dem Fenster. Ich war einfach bei mir. (Unvorstellbar früher, mit mir allein.) Gestern aber war es wunderschön. Ich wollte nicht reden, wollte nichts sehen. Einfach Stille und die Gedanken zulassen. Es tat einfach nur gut. Es war so erholsam.

Da fällt mir eine Geschichte ein:
Am 29.3.1848 schreckten die Anwohner der Niagarafälle aus dem Schlaf auf. Sie hörten nichts mehr. Nur Stille! (Stille kann also auch sehr laut sein.) Das Wasser fiel nicht mehr, es war durch Eisschollen gestaut.

D.h. doch, dass wir uns mit dem Gehör an unsere Umwelt anpassen. Die Ohren sind übrigens das einzige Sinnesorgan, was wir nicht willentlich verschließen können. Umso wichtiger ist die Stille. Das habe ich nach dem Film extrem gespürt. Je älter ich werde, desto wichtiger werde ich mir und sorge für mich. Alles ist eben im Wechsel. Hoffentlich gibt es jetzt für mich noch einige dieser Momente.

Dass ich Zeit habe, um einfach dazusitzen und vor mich hin zu schauen.
Ihnen wünsche ich jetzt Stille und eine schöne Zeit.
Ihre
Antonia ☺

1 Kommentar zu: »Stille«

  1. Dieser wunderbare Spruch von Astrid Lindgren begleitet mich schon ein paar Jahre. Stille wird so wichtig mit den Jahren. Es gelingt mir noch nicht immer…. aber immer öfter! : -)

    Innehalten und die Stille hören…. so schön!

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