Über Small Talk, Schwafeln und Machtworte

Kennen Sie das? Sie wollen nur ein Wort im Duden suchen und bleiben dann für ein paar Momente hängen, weil Sie über Worte stolpern, die Sie noch nie gehört haben? (zwinkernder Smilie)

social media group speech

Ich wollte eben nur mal kurz recherchieren, wie viele Synonyme es eigentlich für „sprechen“ gibt.Vieles wird inzwischen im Netz abgerufen, für Synonyme aber nehme ich immer noch das gute alte Buch zur Hand. Allein die Tatsache, dass man ein anderes Wort für „machen“ sucht, verpflichtet einen, zu blättern, bewältigen, tun, unterlassen, …. finden Sie nicht? (skeptischer Smilie)

Aber ich will beim Sprechen bleiben. Mir ging es um Kommunikation: im Allgemeinen, heute, zwischen Paaren, in der Familie, im Büro, zwischen Freunden, auf einer Party, in der U-Bahn. In einer bekannten Frauenzeitschrift fand ich das Thema „Miteinander reden“ behandelt und dachte, das ist etwas, worüber man nicht genug schreiben kann. Sie merken schon: Kommunikation ist ein dehnbarer Begriff. (teuflisch zwinkernder Smilie)

Wir haben keine Zeit mehr. Statt der vier Stunden Kommunikation am Tag sind nur noch zwei übrig geblieben. Anstatt mit einer Person zu diskutieren, ins Detail zu gehen, streiten, beleuchten, beschließen, … tun wir das mit zig anderen in verschiedenen Foren. Zur selben Zeit, jeder an einem anderen Ort, allein auf einem ungemütlichen Stuhl. (schockierter Smilie)

Andererseits: Ist es wirklich allein das Reden, das uns weiter bringt? Haben wir nicht die Erfahrung gemacht, dass es manchmal besser ist, zu schweigen? Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Und ist es nicht manchmal besser, einen Brief zu schreiben, eine SMS, eine Mail, oder einfach nur in mein Tagebuch? (schweigender Smilie)

Tatsächlich verstummen wir langsam. Wenn wir reden, dann schwafeln, plappern, schnattern, palavern, sülzen, quatschen, schwatzen, flöten, säuseln wir, drucksen herum, predigen in der Wüste, treffen auf taube Ohren, finden kein Gehör, winden uns wie ein Aal, schleichen um den heißen Brei, bringen kein Wort heraus oder gehen auf hohem Kothurn. Ertragreich wird ein Gespräch erst, wenn wir keinen Hehl aus etwas machen, frei von der Leber reden oder wie einem der Schnabel gewachsen ist, kein Blatt vor den Mund nehmen, unserem Herzen Luft machen, weil wir aus ihm keine Mördergrube machen wollen, den Kropf leeren und uns über Tod und Teufel unterhalten. (sarkastischer Smilie)

Die Sprache ist ein unglaubliches Lebensmittel: Durch sie erfahren wir, was uns ausmacht, wo wir herkommen, wie wir überleben können. Die Sprache unterscheidet uns von den Tieren, und sie hat den Menschen an die Spitze der Nahrungsmittelkette katapultiert. Worte können uns wachsen lassen, tödlich sein, uns berühren, oder kalt lassen. In manchem Falle regen sie den Stoffwechsel an, bringen uns zum Schwitzen, lassen uns die Beine in die Hand nehmen oder fahren uns über den Mund. (lachender Smilie)

Die Sprache ist nicht nur auf den Geist beschränkt, sondern bewirkt eine körperliche Auseinandersetzung – gesprochen oder geschrieben. Sie ist ein unerlässlicher Sport, der Geist UND Körper aktiviert. Gerade die deutsche Sprache ist in dieser Hinsicht verkannt. Nirgendwo finden wir so schnell so viele Begriffe für ein und dasselbe Wort. Versuchen Sie mal mit Ihrem Partner oder den Kindern andere Bezeichnungen für „überrascht“ zu finden. Wenn Ihnen die Worte ausgehen, suchen Sie im Tierreich, am Körper, in der Natur, Sie werden sich wundern, wie reich unser Wortschatz ist! (erstaunter Smilie)

Und nun fragen Sie sich, warum Sie sich auf Zeichen wie Smilies beschränken, wenn Sie Ihrer Freundin schreiben, dass Sie erst später kommen oder sich für Sie freuen. Haben Sie auch keine Zeit mehr, sich mitzuteilen? Bleibt Ihnen auch schon die Spucke weg? Vor lauter Arbeit, hinterher Hecheln, Sorgen und mangelndem Selbstvertrauen?

Wagen Sie ein Experiment: Sprechen Sie in der U-Bahn einen fremden Menschen an, Sie müssen ihn ja nicht gleich zu sich einladen. Fragen Sie Ihren Partner, ob er weiß, wie viele Zähne Sie im Mund haben. Sagen Sie Ihrer Freundin, dass Sie froh sind, dass sie schon wieder zugenommen hat – die Reaktionen werden mit Sicherheit wenigstens zu einem Augenkontakt führen, schlimmstenfalls einen Weg zum Zahnarzt erfordern und bestenfalls ein langes Gespräch nach sich ziehen!

LOL!
Eure Gudrun

2 Kommentare zu: »Über Small Talk, Schwafeln und Machtworte«

  1. Hallo Gudrun,
    da fällt mir spontan noch das gute alte Wort „labern“ ein!
    Auch ich nutze schon seit Jahrzehnten mit Begeisterung mein unentbehrliches Synonym-Wörterbuch: und zwar ausschließlich „Sag es treffender“ von A.M.Textor (dieser Autor kann ja nur prädestiniert dafür sein!). Halbherzige Versuche mit dem ein oder anderen Werk gingen voll nach hinten los. Im Textor finden sich tausende wunderbare, witzige, fast in Vergessenheit geratene Wörter von Advokat bis Zinne.
    Da fällt mir ein und auf: sollte mir dringend ‚mal wieder eine aktuelle Auflage zulegen!
    viele Frühlingsgrüße von Brigitte

  2. Die Vielfalt der Sprache ist eine unerschöpfliche Quelle für unsere Individualität, zugleich ist sie aber auch eine Quelle der Missverständnisse. Wenn man z.B. die verschiedenen Kommunikationsformen in dem Buch „Miteinander reden“ analysiert, wird einem ganz schwindlig, man traut sich erst recht nicht, frei von der Leber zu reden. Es gibt so viele Arten etwas (nicht) zu verstehen.
    Mit einem Smilie kann man sich dagegen praktisch und schnell aus der Affäre ziehen, man bleibt unverfänglich freundlich. Das wäre das Pro-Smilie-Argument.
    Trotzdem finde ich auch, es geht nichts über ein echtes Gespräch, einen schönen Brief, eine lustige Geschichte – aber auch ein verbaler Schlagabtausch regt die Hirnwindungen an. Da kann kein Smilie mehr mithalten. (Smilie, zwinkernd, haareraufend, verwirrt, stirnrunzelnd, schräg, dabei auch lieb und nett …)
    In diesem Sinne noch eine experimentierfreudige Zeit mit tollen Gesprächen!

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